Ist das ein Alleinstellungsmerkmal - oder kann das weg?
Wie du trotz vieler gleicher Angebote einzigartig für deine Kunden sein kannst.
Aktualisiert am: 10.03.2020
„Du musst einzigartig sein, ein Alleinstellungsmerkmal haben, dich von der Masse abheben“ - das sind Sätze, die Unternehmer von Marketern oder anderen Ratgebern oft hören. Sie klingen oft so, als sei dies das Selbstverständlichste und Einfachste.
Doch in einer Welt, in der es eigentlich alles schon gibt, ist es da überhaupt noch möglich ein Alleinstellungsmerkmal zu haben? Und wenn nicht, was ist dann die Lösung?
Alleinstellungsmerkmal - was bedeutet das eigentlich?
Das Wort an sich ist schon ziemlich deutlich: Alleinstellungsmerkmal - andere sprechen auch gerne vom USP - der Unique Selling Preposition.
Ich bleibe aber gerne beim deutschen Wort, in dem schon vieles drin steckt: Ich habe als Unternehmen ein Merkmal, mit dem ich - im positiven Sinne - alleine da stehe.
Wenn alle um mich herum einen schwarzen Hut tragen, habe ich einen roten.
Das wäre eine einfache Lösung - wenn du fürs Hüte tragen bezahlt würdest.
Doch wenn du Dienstleister bist oder Berater, der Leistungen anbietet, die auch andere schon anbieten, was dann?
Hast du dann überhaupt die Möglichkeit, ein Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln?
Die Antwort lautet: Ja und nein.
Fangen wir mit dem Nein an: Wenn du den Begriff „Alleinstellungsmerkmal“ wörtlich nimmst, müsstest du tatsächlich das Rad neu erfinden. Also etwas tatsächlich Einzigartiges, Neues, noch nie Dagewesenes schaffen.
Doch seien wir ehrlich: Das trifft auf die wenigsten zu.
Coaching, Unternehmens-, Karriere- oder Rechtsberatung - oder welche Beratung auch immer - all das gibt es schon.
Und das ist auch grundsätzlich gut so.
Denn du könntest kaum alle Menschen bedienen, die Bedarf an deinem Angebot haben. Insofern ist es gut für dich, dass du Wettbewerber hast, denn das zeigt dir, dass Menschen dein Angebot brauchen.
Potentielle Kunden brauchen Orientierung
Das Problem für deine potentiellen Kunden ist aber, wie wählen sie unter einer Vielzahl von Anbieter den für sie passendsten aus?
Oder aus deiner Perspektive gefragt:
Wie zeigst du dich deinen potentiellen Kunden, damit sie dich als den oder die Richtige für sie erkennen?
Dafür müssen Kunden etwas Besonderes an dir entdecken - ob du das nun Alleinstellungsmerkmal nennen möchtest oder nicht.
Nun magst du antworten: Ich bin gut, in dem was ich tue!
Das stimmt sicher, doch wer sagt das nicht von sich? Wie kannst du also trotzdem besonders für deine Kunden sein?
Damit kommen wir zum Ja. Und um das zu erklären, erlaube ich mir einen gewagten kurzen Ausflug in die Welt der Naturwissenschaft. (Ich sage gewagt, weil ich in diesem Bereich in der Schule immer kläglich versagt habe. )
Doch ich kann mich noch dunkel an das Prinzip in der Chemie erinnern, dass z.B. bestimmte Moleküle von anderen Molekülen besetzt werden können. Oder, um es noch einfacher zu sagen: Ein Teilchen hüpft auf das andere drauf und hält es besetzt. Ein anderes Teilchen kann nicht mehr andocken.
Und genauso ist es beim Thema Positionierung und Alleinstellungsmerkmal.
Wenn du im Kopf deiner Kunden ein bestimmtes Teilchen besetzt hältst, können andere sich nicht mehr dranhängen - selbst, wenn sie das Gleiche wie du anbieten.
Du bist und bleibst die Nummer eins!
Die Wahrnehmung deiner Kunden zählt
Die Lösung lautet daher: Es geht weniger um ein tatsächliches Alleinstellungsmerkmal, also etwas tatsächlich Einzigartiges, sondern um die Wahrnehmung deiner potentiellen Kunden.
Solange sie dich als besonders wahrnehmen, ist alles gut und es spielt keine Rolle, dass es 500 andere Anbieter wie dich gibt. Du musst dir also nicht mehr das Hirn darüber zermartern, ob du etwas absolut Neuartiges hast!
Nach dem Ja und Nein kommen wir zu ein paar Abers. Denn es gibt ein paar Dinge, die du im Zusammenhang mit deinem "Alleinstellungsmerkmal" beachten solltest:
Achte auf eine stabile Alleinstellung
Wichtig ist, dass du dich auf ein möglichst stabiles Alleinstellungsmerkmal stützt. Sagen wir, dein Alleinstellungs- oder Besonderheitsmerkmal wäre, du bist der einzige Berufsberater in deiner Stadt.
Was machst du, wenn sich auf einmal ein Konkurrent oder gleich mehrere in deiner Stadt niederlassen?
Deshalb gilt:
Baue nicht auf äußere Umstände, die du nicht beeinflussen kannst, sondern gehe auf deine individuellen Stärken.
Analysiere dein Umfeld, deine Wettbewerber und dich selbst.
Es geht dabei darum herauszufinden, was du anders machst als andere. Und ja, das bedeutet, dass du dich auch ein wenig mit anderen vergleichen musst, auch wenn davon immer abgeraten wird.
Beim Vergleichen ist entscheidend, mit welcher Absicht und mit welcher Einstellung du das tust. Hier habe ich darüber geschrieben: Erfolgreiche Positionierung - warum es ohne Vergleichen nicht geht.
Es geht bei dieser Analyse nicht darum, dir selbst zu bestätigen, dass du besser bist als andere, sondern einfach auf Unterschiede zu achten.
Die Unterschiede zu anderen können teilweise nur Kleinigkeiten sein, die aber für deine Kunden eine große Bedeutung haben können.
Überlege auch, welches positive Feedback du von deinen Kunden erhältst. Was bemerken sie positiv? Worauf springen sie besonders an?
Wie zeigen sich deine Wettbewerber?
Wenn du deine Wettbewerber analysierst, achte auch hier nicht nur auf die harten Fakten, sondern auch darauf, wie sie sich verkaufen.
Worauf setzen sie in ihrem Marketing und in ihrer Kommunikation? Es kann sein, dass ihr die gleiche, besondere Herangehensweise habt.
Nur, wenn der andere das nicht sagt, ist das ein Punkt für dich!
So wurde die Brauerei Schlitz in den USA Anfang des 20. Jahrhunderts für ihr besonders reines Bier bekannt - und das obwohl alle anderen Brauereien genauso ihr Bier brauten - nur sagten sie es nicht. Ob es andere Brauereien gab, die auch versuchten, auf dieses Pferd zu setzen, ist mir nicht bekannt.
In jedem Fall wäre eine solche Strategie sinnlos gewesen - denn Nachahmer würden ebenso als genau solche wahrgenommen werden - selbst wenn sie vielleicht tatsächlich schon früher da waren.
Auch hier zeigt sich, was zählt, ist die Wahrnehmung!
Manchmal kann die Lösung tatsächlich sein, dass du den Dingen einen anderen Namen gibst oder sie überhaupt beim Namen nennst.
Habe immer deine Kunden im Blick
Auch wenn du dich beim Thema Alleinstellungsmerkmal mit deinen Besonderheiten beschäftigst, geht es dabei doch nicht nur um dich alleine. Deine Kunden solltest du dabei immer im Blick haben.
Es nützt dir nichts, auf eine Besonderheit zu setzen, die für deine Kunden nicht attraktiv ist, weil sie kein Wert darauf legen oder keinen besonderen Vorteil davon haben.
Wenn du zum Beispiel stolz darauf bist, dass du die einzige Person in Deutschland bist, die die ABC Methode erlernt hat, um Menschen bei der Raucherentwöhnung zu helfen, nützt das deinen Kunden nichts, solange diese Methode genauso effektiv ist wie andere auch, mit dem sie ihrem Problem begegnen könnten.
Wenn deine Methode jedoch nachweislich um einen beträchtlichen Grad erfolgreicher ist als andere, sieht das natürlich ganz anders aus.
Überlege also immer:
Was ist der konkrete Nutzen deines besonderen Merkmals für deine Kunden?
Für die Entwicklung deines Alleinstellungsmerkmals ist es deshalb wichtig, dass du deine Kunden gut kennst und analysierst, was ihre Wünsche und Bedürfnisse sind.
Vorsicht vor Selbstverständlichkeiten
Vorsicht auch vor Selbstverständlichkeiten: Wenn du diese betonst, kann das nach hinten losgehen.
Wenn zum Beispiel ein Hotel hervorhebt, besonders gastfreundlich zu sein, weckt das eher Misstrauen.
Gäste fragen sich dann, ob dieses Hotel sonst nichts Positives über sich sagen kann, außer ein Merkmal zu nennen, das sie als Hotelgäste ohnehin voraussetzen.
Bedenke aber auch:
Nicht alles, was aus deiner Sicht selbstverständlich ist, ist es auch für deine Kunden.
Für die Kunden der erwähnten Bier-Brauerei aus den USA war es zum Beispiel alles andere als bekannt oder selbstverständlich, dass Bier so rein war und dass die Hersteller einen enorm großer Aufwand betrieben, um dies zu erreichen. Doch für die Bierbrauer war es das schon. Und so glaubten sie, diesen Aufwand besonders herauszustellen, sei nicht einmal wert zu erwähnen.
Deshalb ist es wichtig, auch bei der Frage nach Selbstverständlichkeiten die Kundenbrille aufzuhaben.
Ein "Alleinstellungsmerkmal" ist ein Leistungsversprechen
Da es beim "Alleinstellungsmerkmal" also weniger um tatsächliche Einzigartigkeit geht, hast du bei seiner Entwicklung einen gewissen Spielraum.
Allerdings solltest du sicher sein, keine heiße Luft zu verkaufen. Denn ein "Alleinstellungsmerkmal" ist immer ein Leistungsversprechen!
Und hier gilt: Versprich nur, was du auch tatsächlich halten kannst.
Fazit
Es geht beim "Alleinstellungsmerkmal" nicht so sehr darum, etwas Neues zu erfinden, sondern ein individuelles Merkmal, das für deine Wunschkunden attraktiv ist, besonders hervorzuheben.
Hier fasse ich dir nochmal zusammen, welche Schritte du durchgehen solltest, um ein tragfähiges Alleinstellungsmerkmal für dich zu entwickeln:
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Wer schreibt denn hier?
Ich bin Angelika Färber und ich helfe ambitionierten Solo-Unternehmerinnen, sich klar zu positionieren und eine stimmige Marketingbotschaft zu entwickeln, damit Kunden direkt den Nutzen ihres Angebots verstehen.
Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel.
Allerdings möchte ich eine kleine Warnung anbringen:
Als Werbetexterin bedaure ich es sehr, dass uns eine Art der Werbung wie für Schlitz-Bier nicht zur Verfügung steht. Leider gibt es in Deutschland das Gesetzt gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und das verbietet die Werbung mit Selbstverständlichkeiten.
Zum Teil wird darum den Verbrauchern ein Bärendienst erwiesen, denn diese kennen ihre „selbstverständlichen Rechte“ oft gar nicht.
Zwei interessante Links dazu:
https://www.haendlerbund.de/de/downloads/werbung-mit-selbstverstaendlichkeiten.pdf
Und hier auch noch einmal, wobei auch eine manchmal mögliche Lösung enthalten ist: https://www.it-recht-kanzlei.de/werbung-selbstverstaendlichkeiten-bgh.html
Hallo Martina,
vielen Dank für dein Lob und deine Anmerkungen. Freut mich, dass dir der Artikel gefällt. 🙂
Doch was genau meinst du mit „dieser Art von Werbung“?
Es war in jedem Fall nicht meine Absicht, zu unlauterem Wettbewerb aufzurufen oder dazu, dem Kunden ein X für ein U zu verkaufen.
Ich bin natürlich keine Juristin, aber ich sehe das im Artikel genannte Beispiel von Schlitz nicht als vergleichbar mit denen, in denen gesetzlich verankerte Rechte von Verbrauchern irreführend als besonderer Vorteil angepriesen werden.
Wenn z.B. ein Facebook-Anzeigen Experte betont, dass er die Kampagnen seiner Kunden ständig optimiert, halte ich das für durchaus legitim. Und das, obwohl das aus Nicht-Laien-Sicht auch keine Besonderheit ist. Denn für den Kunden kann das hilfreich sein, sämtliche Vorteile zu verstehen. Als Anbieter ist mein Interesse dabei natürlich, diese Vorteile verkaufsfördernd einzusetzen. Doch das halte ich weder für verwerflich noch für gesetzeswidrig. Ja, und hier finde ich tatsächlich, wenn die Konkurrenz ihre Vorteile nicht derart herausstellt, dann ist das ihr Problem.
Ich denke, wir müssen vorsichtig sein, Dinge, die aus Expertensicht vielleicht selbstverständlich sind, aus Kundensicht aber nicht, nicht mit denen zu vermischen, die für den Kunden tatsächlich selbstverständlich sein sollten, weil z.B. rechtlich verankert (egal, ob der Kunde dieses Recht kennt oder nicht).
Gerne nehme ich deine Kritik aber zum Anlass, nach weiteren Beispielen aus Deutschland Ausschau zu halten.
Viele Grüße
Angelika